Wie alles begann:

Unser Verein wurde 1891 von spiel- und musikfreudigen Gifhornern als "Musik- und Theaterverein" ins Leben gerufen. Zum Repertoire gehörten damals auch Operetten wie "Die Försterchristl" oder "Alt Heidelberg". Die ersten Aktiven waren Kapellmeister Henn und Mitglieder der Familien Reuther, Raulfs, Göhmann, Dänzer, Klinke, Bergmann und Breithaupt.


Der erste Weltkrieg legte zwar den Spielbetrieb lahm, dieser wurde aber nach Friedensschluss wieder aufgenommen. Der Verein segelte mit der Inflation auf den Milliarden und Billionen. Im Kassenbuch wird 1923 ein Bestand von insgesamt 3.000.000.000 Papiermark verzeichnet. Der Eintrittspreis betrug ganze 33.000 Mark. Im November des Jahres 1923 hatte sich wieder alles normalisiert: Das Vermögen schrumpfte auf 282,13 Reichsmark.

Theater bis 1939:

Bis zum zweiten Weltkrieg wurde meistens zu Silvester gespielt. Nach der Aufführung wurde ins neue Jahr getanzt, am Neujahrstag war nachmittags Kindertanz angesagt. Der Spielort wechselte. Anfangs stand die Bühne bei "Brandes", danach spielte man im "Gasthaus Reuter" (späteres Kino "Central", jetzt steht dort das Schuhhaus "Arbell") und später im Hotel Broders. Am Himmelfahrtstag wurde damals vom Theaterverein ein lustiger Nachmittag für Kinder im Katzenberg veranstaltet, für die Erwachsenen gab es aber wohl auch einen Bierstand. Die Mitglieder waren zu dieser Zeit meist Gifhorner Handwerker, dazu kamen Arbeiter der Gifhorner Glashütte. Auf dem Programm standen immer noch Stücke mit viel Musik, zum Beispiel die Operette "Der liebe Gottlieb". Die Kulissen fertigte der Maler Alfred Witthöft an, der aber offensichtlich auch auf der Bühne stand. Er ist einer der Männer auf dem oberen Foto, dass 1925 entstand. Der Name des letzten Vorsitzenden vor dem zweiten Weltkrieg soll "Klingebiel" gelautet haben. Regisseur war zu dieser Zeit "Ferdinand Herbst", dem Vorstand gehörten ferner ein "Erich Homann" und ein "Herr Schossig" an. Für diese Erinnerungen danken wir der Tante unserer langjährigen Kassiererin und Darstellerin Ilse-Marie Dargers.

Neuanfang 1950:

Der Neuanfang des Vereins nach 1945 wird im alten Protokollbuch auf den 26. April 1950 datiert. Die erste Premiere war "Das Schwert des Damokles", den Vorsitz übernahm Bruno Seewald. 1952 gehörte der Theaterverein Gifhorn zum Gründungsstamm des "Landesverband Niedersächsischer Amateurbühnen e.V." (seit dem 31.5.2003 "Amateurtheaterverband Niedersachsen e.V.") und stellte von 1975 bis 1978 mit Johannes Richter-Rabenstein sogar dessen ersten Vorsitzenden.

 

In den 50er und 60er Jahren standen viele Stücke des "Hausdichters" Erwin Kieselbach auf dem Spielplan, wie "Schneider Kniesl" oder "Hotel zum alten Ritter". 1968 jedoch kam es zum Bruch mit Kieselbach, der im MTV seine eigene Amateurgruppe gründete, die heutige Kieselbachbühne. Unser Ensemble 1965, rechts der damalige "Hausdichter" Erwin Kieselbach.


Die Namensänderung:

Das erste Stück nach dem zweiten Neuanfang 1968 hieß "Meister Anecker" - hier betrat auch unser Ehrenmitglied Günther Urban als Bürgermeister zum ersten Mal die Bühnenbretter. Von 1967 bis 1968 verfügte der Verein übrigens über eigene Räume im alten Katasteramt, dass im Bereich Rathausstraße/Schulplatz stand. Dort hing auch ein Schaukasten. Leider wurde dieses Haus abgerissen. Am 20. Januar 1967 erhielt der Verein den Namen, den er auch heute noch trägt: "Theaterverein Gifhorn von 1891 e.V.".


Zweimal, im Mai 1967 und im Juni 1972, war Gifhorn Gastgeber der "Landesverbandstage der Niedersächsischen Volksbühnen". Das 80-jährige Bestehen wurde 1972 am vermuteten Gründungstag, dem 21. Januar, gefeiert. Zwanzig Jahre später werden zum 100. Geburtstag Amateurtheatertage in der Stadt ausgerichtet. Die Vorsitzenden nach Bruno Seewald waren: Johannes Richter-Rabenstein, Detlef Günther, Hans Fiest, Bruno Spielmann und Heiko Wiegmann. Heute ist es Helga Motzek. 80 Jahre Theaterverein: Zum Jubiläum wurde 1972 "Die Seifenblase" aufgeführt.


Und heute?

Corona hat auch uns erst einmal ausgebremst. Im Frühjahr 2020 mussten wir den Spielbetrieb unmittelbar vor der Aufführung von Pension Schöller in der Stadthalle Gifhorn einstellen. Da die Aufführungen in der Stadthalle stets ein Höhepunkt des Jahres waren, hat das besonders geschmerzt. Im Jahr 2021 gab es keine Aufführungen, das hatte es lange Zeit nicht gegeben. Im Jahr 2022 hat es das Schicksal dann sehr gut mit uns gemeint. Im Rahmen einer Kooperation mit dem Verein Stellwerk e.V. und der Psychiatrischen Tagesstätte Gifhorn gGmbH haben wir das große Glück, dass wir in den Räumen der Tagesstätte proben und aufführen können. Im September 2022 war es dann soweit: Mit 4 Aufführungen unserer Komödie „Wir sind wieder da!“ nahmen wir den Spielbetrieb wieder auf. In der Tagesstätte haben wir also eine Bleibe gefunden, sind sesshaft geworden – ein wichtiger Baustein für das Fortbestehen des Vereins.